Nach dem wir lange darauf hin geplant haben, war es im April endlich so weit: unsere Capoeira-Truppe hat eine gemeinsame Reise in das Mutterland dieser Kampfkunst unternommen: nach Brasilien.
Neben dem Bestreben mehr über die Capoeira und ihrer Wurzeln hautnah zu erfahren, ergab sich auch die gute Gelegenheit, den Geburtstag unseres Capoeira-Meisters Sabiá in seiner Heimatstadt Foz do Iguaçu im Kreise seiner Familie zu feiern, die uns mit offenen Armen empfangen hat.
Foz do Iguaçu liegt im Süden Brasiliens im Bundesstaat Paraná am Dreiländereck mit Paraguay und Argentinien. Dort verbrachten wir einige Tage gemeinsam auf einem Landhaus, um Capoeira zu trainieren und Sabiás Geburtstag mit einem für die Region typischen Grillfest zu feiern. Natürlich durften Ausflüge über die Grenzen nach Paraguay und Argentinien, sowie Besuche des imposanten Itaipu-Staudamms und der weltberühmten Iguaçu-Wasserfälle nicht fehlen. Eine Capoeira-Roda mit lokalen Capoeiristas vor der beindruckenden Kulisse der Wasserfälle, war eines der Highlights unserer Reise.
Von Foz do Iguaçu ging es dann nach Rio de Janeiro, in die “cidade maravilhosa”, die wunderbare Metropole mit ihrer einzigartigen Mischung aus tropischer Vegetation, Stränden, Hügeln und pulsierender Kultur. Für diejenigen die zum ersten Mal dort waren, standen natürlich die klassischen Touri-Ziele auf dem Plan: Zuckerhut, Christusstatue, Copacabana, aber auch Ausflüge in Samba-Bars und sogar eine Surfstunde. Abseits der Touristenpfade, an der archäologischen Stätte Valongo-Kai, einer ehemaligen Anlegestelle von Sklavenschiffen, wurden wir aber auch an die Verbrechen des transatlantischen Sklavenhandels erinnert. Mehr als 5 Millionen Menschen wurden zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert aus Afrika nach Brasilien verschleppt und zur Arbeit auf Plantagen gezwungen. Viele Lieder der Capoeira erzählen über den daraus entstandenen Schmerz und die Wut, aber auch die Stärke und den Stolz der Afrobrasilianer auf ihre Kultur des Widerstands.
Noch tiefer in die Geschichte der Capoeira tauchten wir an unserem nächsten Zielort ein: Salvador da Bahia. Die Stadt im Nordosten war Brasiliens erste Hauptstadt und Ursprung der Capoeira, wie wir sie heute kennen. In zahlreichen Capoeira-Liedern wird auf Persönlichkeiten, Rituale und Orte Salvadors Bezug genommen und es war ein ergreifendes Erlebnis diese nun hautnah kennen zu lernen. An der Capoeira-Arena, einem Monument für große Capoeira-Meister aus Bahia, konnten wir deren Geschichte nachlesen. Wir besuchten den 89-jährigen Capoeira-Meister Boca Rica, der uns einlud mit ihm Musik zu spielen. Auch lernten wir die Schule Mestre Bimbas (1899-1974) kennen, der Anfang des 20. Jahrhunderts als erster Capoeira von der Straße in die Turnhalle brachte und eine Lehrmethode entwickelte, auf der viele Aspekte des Capoeira-Unterrichts bis heute beruhen. Wir durften an einer Unterrichtsstunde mit dessen Enkel und lokalen Capoeiristas teilnehmen – ein unvergessliches Erlebnis. Nach diesen erlebnisreichen Wochen, in denen wir die unglaublich facettenreiche Kultur, Kulinarik und Gastfreundschaft Brasiliens genießen durften, ging es mit viel Wehmut wieder zurück nach München, im Gepäck, neben allerlei Capoeira-Instrumenten, viele neue Erfahrungen und unvergessliche Momente.

